Traumberufe gibt es viele
Kaum gebe ich einen Roman heraus, ergeben sich viele Gespräche und ich bekomme zahlreiche Fragen gestellt. Zum Beispiel, ob Schreiben schon immer mein Traumberuf war.
Da muss ich euch enttäuschen. Ich hatte andere Vorstellungen für mein Leben, als ich klein war.
Ich bin ja schon etwas älter und zu einer Zeit aufgewachsen, in der die Einkaufswagen noch keinen Chip hatten, damit die Leute einen Anreiz haben, ihn selber nach Benutzung zur Ausgabestelle zurückzuschieben. Denn einfach mal die Dinge wieder an den Ort zurückbringen, an dem man sie weggenommen hat, auf so eine abwegige Idee kommt der Mensch anscheinend nicht von alleine. Also standen die Einkaufswagen einfach so durcheinander hinter den Kassen und es gab den Job, sie alle wieder einzusammeln und zurückzubringen.
Das wollte ich werden: Wagenzusammenschieberin im Einkaufszentrum! Tja, und dann wurde mein Traumberuf wegrationalisiert.
Danach wollte ich unbedingt Linkshänderin werden. Mein Vater war Grundschuldirektor und ich hatte am Rande mitbekommen, dass Linkshänder etwas Besonderes sind und das wollte ich natürlich auch sein. Auch daraus ist nichts geworden ...
Als Teenager hatte ich dann die damals üblichen Pferdeposter an den Wänden, las die dazu passende Literatur, wollte reiten lernen und Tierärztin werden. Daraus ist zum Glück auch nichts geworden. Alle, die mich näher kennen, wissen: Das wäre nicht gut gegangen! Weder für mich, noch für die Tiere.
Auf meiner Wunschliste stand dann noch Goldschmiedin und ein Germanistik-, Theaterwissenschaften- und Philosophie-Studium.
Letztendlich habe ich dann während eines Biologiestudiums meine Liebe zur Genetik entdeckt. Ich bin Humangenetikerin geworden, gebe das Magazin Ohrenkuss heraus, in dem alle Autorinnen und Autoren das Down-Syndrom haben, schreibe jetzt nebenbei Liebesromane und genieße es sehr.
Hätte ich mit vier Jahren nie gedacht!
Also: Nicht unterkriegen lassen, wenn der erste (oder auch der zweite und dritte) Berufswunsch nicht in Erfüllung geht! Es kommt was Besseres nach!
Allerdings denke ich, dass ich auch als Einkaufswagenzusammenschieberin meine Leidenschaft zum Schreiben entwickelt hätte. Wahrscheinlich wäre dann nur das Buch mit den Einkaufszetteln und den dazugehörigen Geschichten mein Debüt gewesen und nicht mein Liebesroman, denn ich hätte dann wahrscheinlich die größte Einkaufszettelsammlung der Welt!