Danksagungen in Büchern – eine aufregende Sache
Falls ich mal Schauspielerin werden sollte, heiter und gelassen zur Probe erscheine und der Regisseur mich bittet, eine Szene darzustellen, in der Gefühle des Zorns und der Fassungslosigkeit zum Ausdruck kommen sollen, wäre das ja auf den ersten Blick vielleicht etwas schwierig, weil ich mich ja, wie erwähnt, gerade heiter und gelassen fühle. Aber ich wäre ja keine gute Schauspielerin, wenn ich nicht sofort eine Lösung parat hätte. Ich würde nämlich einfach den stets mit mir geführten eBook-Reader hervorzaubern und ein paar Danksagungen am Ende von (bevorzugt amerikanischen) Liebesromanen lesen und ZACK – ich rege mich furchtbar auf und bin für die Szene bestens gerüstet.
Warum mich Danksagungen so aufregen?
Weil mir dann immer klar wird, dass entweder gelogen wird, dass sich die Balken biegen oder ich mal wieder einen der großartigsten Verlage mit den bezauberndsten Mitarbeitern nicht kenne, den falschen Mann habe (oder hatte) und zusätzlich die falschen Freundinnen und Freunde. Wenn das nicht frustrierend ist.
Obwohl man in allen Schreibwerkstätten den Tipp bekommt, mit Adjektiven sparsam umzugehen und nicht zu übertreiben, flippen fast alle Autorinnen bei der Danksagung völlig aus. Alle Lektorinnen sind unglaublich, alle Verlagsmitarbeiter fantastisch, ein Heer von Freundinnen machen nichts anderes, als die Autorin permanent zu unterstützen, bevorzugt nachts bei völligen Zusammenbrüchen oder mit Nahrungsmitteln für die Grundversorgung und das Nervenkostüm. Und der Gatte erst, der kann eigentlich keinen eigenen Job haben, denn ohne ihn könnte die Autorin nicht arbeiten (welcher Mann würde behaupten, ohne seine Frau keinen gescheiten Abschluss auf die Reihe zu kriegen – richtig: keiner!). Er muss den Haushalt schmeißen und die Kinder vor dem Hungertod bewahren, denn Kochen geht beim Schreiben natürlich gar nicht! Alle Kinder von Autorinnen würden nach deren Angaben entweder ausschließlich von Fertigpizza leben oder erreichen, wie gesagt, nur das Erwachsenenalter, weil das Umfeld sich ihrer erbarmt und mal frisches Kohlrabigemüse in die Runde wirft.
Das macht mich fertig. Bei mir läuft alles anders. Ich habe einen Job, ich habe zwei Kinder, ich mache den Haushalt, den Garten, koche, halte mein soziales Netzwerk am Laufen, gehe ins Kabarett, lese viel und schreibe.
Und ich scheine die falschen Freundinnen zu haben, die haben nämlich auch alle ihr Leben zu meistern und kümmern sich nicht ununterbrochen um mich, damit ich ein Buch schreiben kann. Wieso sollten sie auch? Sie haben doch ihr eigenes Leben.
Also bin ich im falschen Film? Kenne ich die falschen Leute?
Nein. Denn ich bin sehr glücklich mit meinen Freundinnen und Freunden, mit meiner Familie und mit meinem Leben. Es ist alles so, wie es sein soll und ich es gerne habe und die Lebenswelten anderer Autorinnen sollten mich nicht so tangieren. Außerdem habe ich inzwischen genügend andere Autorinnen kennengelernt, die ebenfalls tausend Dinge gleichzeitig erledigen und zwischendurch in jeder freien Minute schreiben, weil es Spaß macht, weil man nicht anders kann, weil so viele Gedanken das Licht der Welt erblicken müssen und weil man so sein Gehirn aufräumt. Denn alles was geschrieben wurde, ist raus und belastet das System nicht mehr. So geht es mir zumindest und einigen anderen Autorinnen auch. Es geht also auch anders und das ist gut so.
Wieso ich mich dann so aufrege? Weiß ich auch nicht, wahrscheinlich weil ich das ab und zu ganz gerne mal mache und es mir nachher besser geht. Und dann haben schließlich alle was davon.
... und natürlich habe ich auch eine Danksagung geschrieben, denn ein Dankeschön haben einige Personen durchaus verdient. Punkt.