Der frühe Vogel kann mich mal
Wie jeder weiß, teilt sich die Welt in zwei Persönlichkeitstypen: Menschen, die andere Menschen in zwei Sorten aufteilen und alle anderen.
Spaß. Darauf will ich gerade nicht hinaus. Ich schreibe jetzt hier über die Frühaufsteher und die Morgenmuffel, die Aktivisten und die „Schauen wir mal, was der Tag so bringt“-Menschen.
Und immer wieder treffen diese beiden grundverschiedenen Menschentypen, die zu bestimmten Uhrzeiten einfach nicht zusammenpassen, aufeinander.
Während ich von Montag bis Freitag stets bemüht bin, einigermaßen früh aufzustehen (wobei ich zugeben muss, dass ich die Unterschiede der Helligkeit vor und nach der Zeitumstellung nur abends mitbekomme, morgens ist es bei mir immer hell), schlafe ich am Wochenende aus.
Aber es kommen immer wieder Dinge dazwischen, die das unmöglich machen.
Besuch, der zwar beteuert, auch mal ausschlafen zu wollen, aber nachfragt, wann der Bäcker aufmacht, damit er schon mal Brötchen holen kann. Ein sehr dezenter Hinweis, dass sein Ausschlafen bei mir diesen Namen nicht verdient hätte.
Oder Reisen, die zu Uhrzeiten starten, an denen ich lieber ins Bett gehen würde, aber ... gut ... ist halt vernünftig ... man kommt noch rechtzeitig zu einer Veranstaltung ... okay, ich bin ja nicht uneinsichtig. Nur ... müde.
Oder Arbeitswochenenden auf Burg Rothenfels, um die kommende Silvestertagung vorzubereiten (juhuuu!!!). Selbstverständlich wird jede Minute gebraucht, um die gemeinsame Zeit sinnvoll zu nutzen – verständlich, nur ... gegen meine Natur. Aber ich mache es ja freiwillig und gerne, ab ungefähr 10.30 bis nachts um 3.00 Uhr.
Aber das Frühstück ... 8.15 Uhr. Himmel.
Gut, ich muss mich wenigstens um nichts kümmern, kann mich an den Tisch setzen und erstmal einen Kaffee trinken. Um mich herum fröhliche und laute Gespräche, aber zum Glück verlangt niemand Kommentare und Antworten von mir. Ich sitze still und wenig dynamisch am Tisch, trinke weiter an meinen Kaffee, zerbrösel ein Brötchen und dümpel so vor mich hin. So weit so gut. Mehr kann man von jemandem, der am Wochenende nie vor 10 Uhr aus dem Bett kommt, auch nicht erwarten.
Irgendjemand tut es aber doch und stellt nach nur zehn Minuten Schonfrist die Übelste aller grauenhaftesten Fragen am Wochenende:
„Was machen wir eigentlich jetzt gleich noch mal?“
Hallo? Woher soll ich das wissen!!! Mein Gehirn ist noch nicht funktionstüchtig. Langsam steigt Groll in mir hoch, still und unaufhaltsam!
Soll man diesem fröhlichen Morgenmensch nach 20 Jahren die Freundschaft auf der Stelle kündigen? Nein, besser ihn umbringen. Dann wäre ein für alle Mal Ruhe. Aber welche Art zu Morden wäre hier jetzt angebracht?
Und während ich weiter zusammengesunken auf meinem Stuhl sitze und für mein Gegenüber einen müden, aber harmlosen Anblick biete, spiele ich in Gedanken jede erdenkliche Todesart durch und bringe so langsam meinen Kreislauf in Schwung.
Alles das findet nur deswegen nicht statt, weil ich einfach zu schlapp bin, beherzt zur Tat zu schreiten.
Und bin ich schließlich endgültig aufgewacht und lebendig, hat sich die abgrundtiefe Abneigung gegen den friedfertigen Aktivitätsanfragenden auch gelegt.
Aber wehe, wenn mal das Timing nicht stimmt …