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071 - 04.11.2022

NaNoWriMo - Druck oder Motivation?

Seit ein paar Jahren begegnet mir immer Ende Oktober und den ganzen November über dieses Schreibprojekt mit dem Namen NaNoWriMo und ich merke, dass diese Idee eine große Faszination auf mich ausübt.
Dieses Jahr habe ich spontan beschlossen, inoffiziell mitzumachen. Ich habe mich auf der offiziellen Plattform nicht angemeldet, aber ich schreibe jetzt hier und bei Instagram darüber und so habe ich mein Vorhaben öffentlich gemacht und dadurch den Druck erhöht, durchzuhalten.

Vielleicht wissen nicht alle Leser, über was ich hier schreibe?
NaNoWriMo, oder National Novel Writing Month, ist ein Schreibprojekt, das im Jahr 1999 von dem Amerikaner Chris Baty ins Leben gerufen wurde. Ziel ist es, während der 30 Tage des Monats November einen Roman mit mindestens 50.000 Wörtern zu verfassen. Trotz seines Namens ist das Projekt längst international geworden, und in vielen Ländern der Welt versuchen jedes Jahr Tausende von Menschen in 30 Tagen ein Buch zu schreiben.
Es gibt Regeln, an die ich mich halten werde, auch wenn die Einhaltung niemand überprüfen kann.

Ich habe den Roman, an dem ich zur Zeit arbeite, zur Seite gelegt und am Dienstag mit einem ganz neuen Schreibprojekt begonnen. Das Ziel, am 30. November 50.000 Wörter geschrieben zu haben, ist anvisiert, was bedeutet, dass ich im Schnitt 1666 Wörter am Tag schreiben muss.
Schon eingeplanter Wochenendbesuch von Freitag bis Sonntag und diverse andere Termine im November lassen mich ahnen, dass ich an manchen Tagen sehr viel mehr schreiben muss, damit ich mich an anderen Tagen entspannt meinem restlichen Leben widmen kann.
Warum mache ich mir diesen Druck? Ich habe erst letzten Monat mein sechstes Buch veröffentlich, schreibe an einem anderen Roman und könnte es doch ruhig angehen lassen.
Ehrlich, ich weiß es auch nicht so genau. Aber es juckt mich in den Fingern. Außerdem hatte ich eine Idee für dieses Novemberbuch und ich habe in den letzten drei Tagen gemerkt, wie leicht es mir von der Hand geht, so strukturiert und wettbewerbsorientiert zu schreiben. Die Wörteranzahl, die morgens noch nicht geschrieben vor mir schwebt, blockiert mich nicht, sondern spornt mich an. Und ... ich weiß, dass ich die Freiheit habe, es auch wieder sein zu lassen, wenn das Leben mir andere Aufgaben in den Schoß wirft. Das wird mich nicht stressen oder deprimieren. Also ist es wie ein Wettkampf mit mir selbst und ich freue mich auf diese Erfahrung.

Warum habe ich mich nicht offiziell angemeldet? Vielleicht bin ich doch etwas feige und will es dieses Jahr erst mal alleine probieren. Wer weiß, vielleicht bin ich so begeistert, dass ich mich im nächsten Jahr anmelde und stolz eine Urkunde in den Händen halten kann, wenn ich das Ziel geschafft habe.
Ein weiterer Grund, es erst mal so zu probieren, ist die Vorstellung, dass ich die oft genannten Vorteile einer Anmeldung mir im Moment nicht nötig erscheinen. Beim offiziellen NaNoWriMo ist das Forum ein essentieller Bestandteil, in denen man sich mit anderen Autoren austauschen kann. Man kann dort Fragen stellen, sich zu Schreibtreffen verabreden und sich gegenseitig motivieren. Aber das möchte ich nicht, empfinde dieses zusätzliche Engagement nicht als Hilfe sondern eher als Verschwendung meiner Zeitressourcen, die ich lieber zum Schreiben nutzen möchte.

Natürlich ist es fast unmöglich, in 30 Tagen einen ästhetisch hochwertigen Roman zu verfassen, aber das ist auch nicht das Ziel des NaNoWriMo. Laut seinem Erfinder Chris Baty geht es hauptsächlich darum, durch die engen zeitlichen Vorgaben Hemmungen zu überwinden und einfach draufloszuschreiben. Beim NaNoWriMo soll der „innere Lektor“ für einen Monat abgeschaltet und schnell ein erster Romanentwurf geschrieben werden, der dann später noch erweitert, korrigiert und umgeschrieben werden kann. Durch den Zeitdruck entwickelt die Geschichte dabei eine ganz eigene Dynamik.

Darauf bin ich sehr gespannt. Ich habe sonst immer direkt, nachdem ich ein Kapitel fertig geschrieben hatte, mit der Korrektur begonnen und so den Schreibfluss abgebremst.
Dafür habe ich jetzt keine Zeit. Vielleicht ist es ja viel besser, wenn ich einen Monat durchschreibe (und dann vielleicht noch so lange weiter, bis der Roman wirklich zu Ende ist), dann die Rohfassung einige Zeit ruhen lasse (Schubladen wollen ja auch ihren Job machen) und danach anfange, zu korrigieren?

Ich bin sehr gespannt, was dieses Experiment mit mir macht und was für ein Produkt ich Anfang Dezember in den Händen halte ...