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012 - 17.07.2020

Prinzessin sein - ab und zu wäre das schön

Will ich eine Prinzessin sein?
Ja, bitte!
Nein, danke!

Ich würde es mir gerne aussuchen, je nach Tagesform und Bedürfnissen. Das geht aber anscheinend nicht, weil man entweder zum Team Prinzessin gehört oder zum Team Nudelsalat.

Folgendes Szenario: Ich schreibe meine Diplomarbeit und bin in den letzten Zügen, alles ist etwas anstrengend und aufregend.
Andere Diplomanden sitzen auch an ihrer Arbeit, haben ähnliche Probleme.
Am Samstag steigt eine Party.
Bei Diplomandin X ist die ganze Truppe froh, wenn sie überhaupt die Zeit findet, vorbeizuschauen. Im Vorfeld wird sie mehrmals angerufen, alle finden, eine Pause würde ihr guttun. Wenn sie es dann zur Party schafft, wird sie gebührend und mitfühlend begrüßt und den ganzen Abend bestens betreut – eindeutig Team Prinzessin.
Bei mir geht man selbstverständlich davon aus, dass ich vorbeikomme. Ich werde auch angerufen, einmal ... und werde gebeten, etwas Selbstgemachtes für das Büffet mitzubringen – eindeutig Team Nudelsalat.

Ich war Team Nudelsalat. Immer. Und meistens ist das für mich in Ordnung. Ich möchte nicht ständig angerufen werden, weil der Gastgeber mein Erscheinen dadurch abzusichern versucht, ich möchte nicht ständig nach meinem Befinden befragt werden und das Essen hole ich mir lieber selber, ich weiß schließlich am besten, was mir schmeckt.
Ich bin gerne Team Nudelsalat, alles prima.

Dann gibt es aber Tage, da bin ich immer noch gerne Team Nudelsalat, aber Team Prinzessin samt Gefolge geht mir tierisch auf die Nerven.

Und dann – ja dann will ich manchmal auch Prinzessin sein. Und zwar so eine, die nicht groß sagen muss, was sie braucht, sondern der die Wünsche von den Augen abgelesen werden, die ebenfalls auf herzlichste begrüßt wird, weil alle wissen, dass die Zeit anstrengend ist, ich mir aber gerne eine Auszeit gönne und die am liebsten mit Freunden. Die nicht einen Nudelsalat mitbringen soll, weil alle wissen, dass sie Stress hat und der man stillschweigend das Weißweinglas nachfüllt (das Essen hole ich mir auch als Prinzessin lieber selber).
Meine Prinzessinnentage merkt aber anscheinend niemand.

Jetzt hat man mir gesagt, dass die Menschen nicht wissen können, was man gerade braucht und man es deswegen laut sagen muss. Aber das finde ich lästig, denn wenn man im Prinzessinnen-Modus ist, dann kann man nicht energisch seine Bedürfnisse herausposaunen, da ist man gerade zart besaitet und kann nur flüstern und huldvoll Aufmerksamkeiten entgegennehmen.
Ein Dilemma.

Interessanterweise gibt bei einer (von mir selbst in Auftrag gegebenen und durchgeführten) wissenschaftlichen Umfrage keine Frau an, sie wäre eine Prinzessin. Geht wahrscheinlich auch nicht, weil die Etikette einer Prinzessin vorschreibt, bescheiden und bürgernah zu sein. Sie ist es zwar nicht, aber das gibt sie nach außen hin natürlich nicht zu und leugnet deswegen ihr Prinzessinnendasein, um das zu beweisen.
Wie soll man so zu einem aussagekräftigen Ergebnis kommen?

Ich kann ja jetzt nicht jeden erstmal bei mir übernachten lassen, so mit den vielen Matratzen und der Erbse, ihr wisst schon. Das ist mir viel zu anstrengend. Und das Gejammer am nächsten Morgen, die ganzen Coolpacks wegen der blauen Flecken und die gastfreundschaftliche Bewirtung zum Frühstück, wo ich doch so gar keine Morgenmensch bin, ist mir viel zu anstrengend. Geht also nicht.
Aber: Den Erbsentest muss ich eigentlich auch gar nicht machen, denn wissenschaftliche Beweise sind eh nicht nötig, damit ich eine Prinzessin erkenne. Klappt sowie nach wenigen Minuten des Zusammentreffens, auch ohne Party, Freunde, Telefonate und Nudelsalat.
So. Das muss reichen.

Aber zurück zu meinem Problem, dass ich gerne immer als das erkannt werden möchte, was ich gerade bin. Vielleicht sollte ich mir einen Dresscode überlegen, den ich an alle meine Freundinnen und Freunde verschicke, den müssen sie dann auswendig lernen und wissen dann immer, wie ich es gerade gerne hätte. Und wenn sie mich nicht sehen können, zum Beispiel am Telefon, dann gibt es auch noch passende Codewörter.

Team Prinzessin:
Dresscode: Goldenes Geschmeide soweit das Auge reicht.
Problem: Ich mag lieber Silberschmuck!

Team Nudelsalat:
Dresscode: Selbstgebastelte Ohrringe (wahlweise, je nach Outfit, auch einen Fingerring oder eine Kette) aus Nudeln.
Problem: Sieht immer scheiße aus!

Mit einem Code wird die Sache auch nicht besser: PP könnte natürlich für Prinzessin Peschka stehen, aber vielleicht wird das erste P auch mit Pasta übersetzt und dann haben wir wieder den Salat.

Ich sehe schon Codewörter und Dresscode werden nicht die Lösung sein.
Bin ratlos.