Am Schluss müssen die Lichter ausgehen
Gerade hat wieder die Adventszeit begonnen. Die Vorbereitung auf Weihnachten. Und der Corona-Wahnsinn hat wieder alles im Griff.
Schon letztes Jahr war vieles anders. Und ich hatte gehofft, dass dies einmalige Erfahrungen sind. Jetzt wiederholt sich einiges und ich hätte gut darauf verzichten können.
Zum Beispiel fand ich es schön, aber seltsam, den Ostergottesdienst behelfsmäßig mit einem eigenen kleinen Osterfeuer im Garten zu gestalten. Kreativ war auch unsere kleine Andacht im Familienkreis am 24. Dezember unterm Weihnachtsbaum im Wohnzimmer.
Und dieses Jahr?
Alle Jahre wieder?
Leider.
Ich erinnere mich noch, wie ich mich früher über die Dramaturgie von Weihnachtsgottesdiensten aufgeregt hatte.
Immer auf der Suche nach einer Gemeinde mit Wohlfühlcharakter habe ich durch Kirchentourismus und Umzüge einiges gesehen.
Mit Pfarrern, die nicht singen können und trotzdem als Sänger ganze Osternachtgottesdienste sprengen, o.k., damit kann ich leben. Aber für Pfarrer, die überhaupt kein Gespür dafür haben, eine Christmette dramaturgisch einwandfrei zu inszenieren, habe ich kein Verständnis.
Was ich suche? Einmal etwas geistige Ansprache in der Predigt. Und dazu brauche ich noch etwas für „am Herzen“, wie der Rheinländer sagt.
Es sieht traurig aus.
Lassen wir jetzt mal das Inhaltliche weg und betrachten wir mal die Angelegenheit fürs Herz. Da bietet sich ja Weihnachten und der Vergleich diverser Christmetten an: Hier erwarte ich ja gar nicht eine Predigt, die mir neue Dimensionen eröffnet, hier kann sich ein Pfarrer doch mal austoben und versuchen, die Seelen der Mitschwestern und Mitbrüder anzurühren und Schäfchen zu sammeln.
Aber nein, statt mit schöner Musik, Ruhezeiten für Gebete und kleinen Texthäppchen die Atmosphäre einer stillen, nachdenklichen Nacht zu schaffen, marschieren Scharen von Messdienern ein und aus und schwenken Weihrauch bis zum Niedergang der erste Reihe. Kerzen werden zu allen Gelegenheiten vom Altar zum Ambo geschleppt und wieder zurück, es herrscht Unruhe statt Gemütlichkeit, Betriebsamkeit statt Besinnlichkeit.
Aber damit könnte ich mich noch abfinden, wenn wenigstens das Ende stimmen würde. Ich finde, am Schluss müssen alle Lichter in der Kirche ausgehen, so dass nur noch die Kerzen an den meterhohen Christbäumen brennen und dann hat man zu leiser Orgelmusik „Stille Nacht, heilige Nacht“ zu singen. Da sind Tränen und Herzensrührung doch spätestens ab der zweiten Strophe gebongt.
Und was machen die? Bei voller Beleuchtung wird ein lautes „Oh, du fröhliche“ als Abschlusslied geschmettert.
Das ist nicht schön.
Tja, das waren meine Gedanken damals.
Und heute?
Ich würde gerne mit der versammelten Kirchengemeinde „Oh, du fröhliche“ schmettern, wenn wir alle wieder zusammen feiern könnten. Und laut singen. Ohne Abstand.
So ändern sich die Zeiten. Die Bedürfnisse. Die Welt.