Schreibroutine, Ziele, Arbeit und die Muse
Mein fünfter Roman „Der Platz an deiner Seite“ ist ja in einem Rutsch im Juni letzten Jahres entstanden. Da war ich wie im Fieber. Aber so geht das natürlich nicht immer.
Wie mache ich es sonst?
Inzwischen weiß ich, wieviel Zeit ich brauche, nachdem ich das erste Mal ENDE unten einen Roman geschrieben habe. Dadurch kann ich mir ausrechnen, wie viele Wochen ich zur Verfügung habe, um die erste Rohfassung eines Romans zu schreiben, wenn ich im Monat XY veröffentlichen möchte. Inklusive Urlaube, Familienfeste, Feiern im Freundeskreis und Unvorhergesehenes.
Ich stecke mir ein Wochenziel. Zum Beispiel 14000 Wörter, jeden Tag 2000. Das spornt mich an. Wenn es gut läuft, schreibe ich gerne mehr und genieße dann die Vorstellung, dass ich am nächsten Tag weniger schreiben muss. Dann nehme ich aber wieder die Herausforderung der 2000 Wörter an, komme sehr gut voran und sammle Bonuswörter für die Tage, an denen es nicht so läuft. Denn es gibt natürlich immer wieder Ereignisse, die mich so aus der Arbeitsroutine reißen, dass ich gar nicht zum Schreiben komme. Aber am Ende einer Woche stimmt die Bilanz meistens und das gibt mir ein gutes Gefühl.
Ich werde oft gefragt, ob ich denn auf Kommando schreiben kann.
Geht das? Frühstück, zweiter Milchkaffee, an den Schreibtisch und los ...
Ja, das geht. Ich bin schließlich Rheinländerin und kann auch auf Kommando an Weiberfastnacht fröhlich feiern. Und an Geburtstagen strahlen und an Weihnachten sentimental werden. Das betrachte ich nicht als oberflächlichen Wesenszug, sondern empfinde das als eine Mischung aus Einstellungssache und Herzempfinden. Die Gefühle sind nicht aufgesetzt, sondern fließen, wenn ich mich darauf einlasse.
So geht es mir mit dem Schreiben auch. Ich setze mich an den Schreibtisch (oder in den Garten oder an den Esstisch, auf die Couch, ins Bett oder auch in ein Café), klappe den Laptop auf und fange an. Oft lese ich die letzten Seiten des vergangenen Tages und finde mich so in die jeweilige Situation ein. Oder ich schreibe die Sprachnotizen der vergangenen Nacht auf und schmücke sie aus, gebe den Gedanken Raum und lasse die Protagonisten sprechen. Dialoge lese ich wiederholt laut und merke dann schnell, wie eine andere Formulierung besser passt.
Dann kommt der Tag, an dem ich nicht nur mein Schreibziel, sondern den ganzen Roman geschafft habe. Dann gibt es meistens zur Belohnung ein leckeres Essen, Weißwein und einen erholsamen Abend mit einem meiner Lieblingsfilme.
Der Roman muss dann erstmal in die Schublade, dort ruht und reift er. Und ich komme derweil auf andere Gedanken. Frühestens nach vier Wochen darf er wieder ans Licht und ich setze mich an die erste Überarbeitung. Jetzt wird auch das Korrekturprogramm dazu geschaltet, Fehler werden korrigiert, geliebte Füllwörter gestrichen, Szenen umgeschrieben, Dialoge ergänzt, dabei kommen gerne noch mal 10.000 Wörter dazu.
Wenn ich ein zweites Mal ENDE geschrieben haben, geht’s an die Testleser und ins Korrektorat. Und in der Zeit kümmere ich mich ums Cover, um mein Bloggerteam, um kleine Überraschungen und ...
... um das nächste Buch.
Das pausiert dann wieder, wenn die Korrekturen zurückkommen. Der Endspurt der Veröffentlichung beginnt. Ein Highlight ist immer das nicht zum Wiederverkauf bestimmte Probeexemplar des Taschenbuches. Wenn ich das in den Händen halte, ist das Ziel in Sicht.
So, jetzt wisst ihr, was ich nach dem Frühstück so mache und dass das Schreiben Arbeit ist, die nicht nur funktioniert, wenn einen die Muse küsst ...